Mangel an Allgemeinmedizinern unausweichlich / Diskussion mit der Patientenbeauftragten der Bundesregierung
Minden (mt/hn). Droht in den nächsten Jahren ein Versorgungsengpass bei den Allgemeinmedizinern? Vor dem Hintergrund, dass die jetzt tätigen 194 Hausärzte im Mühlenkreis ein Durchschnittsalter von 57 Jahren haben, ist das eine Frage, die dringend der Antwort bedarf.
Diese zentrale gesundheitspolitische Frage diskutierten die heimische Landtagabgeordnete Inge Howe (SPD) und der Bundestagsabgeordnete Lothar Ibrügger (SPD) mit Vertretern der Krankenkassen, der Ärzte und der Bundesbeauftragten für Patienten, Helga Kühn-Mengel, in Minden im Haus der Parität.
Akut sei die Gefahr an Weser und Wiehen anders als in einigen ländlichen Gebieten Ostdeutschlands zwar noch nicht, doch Handlungsbedarf bestehe "bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist", ist die Meinung von Inge Howe. Aufgrund der Altersstruktur der niedergelassenen Ärzte wird die Befürchtung geäußert, dass sich die Situation in den ländlichen Regionen in den nächsten Jahren verschärfen werde.
Den gut 60 Gästen des Diskussionsabends berichtete die Patientenbeauftragte Kühn-Mengel, von der Bundesregierung würden bereits erste Maßnahmen auf den Weg gebracht. "Wir müssen Anreize für den Nachwuchs schaffen". Zurzeit gäbe es eine hohe Arztdichte in attraktiven Ballungsräumen, wie etwa "rund um den Starnberger See". In ländlichen Gebieten wie hier hingegen würden Arztpraxen häufig nicht wieder besetzt. Die Kaufpreise solcher Praxen befänden sich "im freien Fall", sagte sie. Deshalb sei die Altersgrenze für Ärzte aufgehoben worden. Ferner sollen zukünftig mit speziellen Programmen auch Arzthelferinnen zusätzlich qualifiziert werden, um Patienten in ihren Wohnungen im Auftrag des Hausarztes betreuen zu können.
NRW-Gesundheitsminister Laumann (CDU) hatte auf eine schriftliche Anfrage Howes auf eine entspannte Lage bei den niedergelassenen Ärzten im Mühlenkreis hingewiesen. Demnach sei die Versorgung im hausärztlichen Bereich "mit aktuell 108 Prozent im Kreis Minden-Lübbecke nahe der Grenze zur Überversorgung", so die aktuelle Aussage aus dem Ministerium vom September.
Dr. Erik Fischer von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe wies hingegen darauf hin, dass "bereits jetzt 61 Prozent aller Ärzte im Kreisgebiet über 50 Jahre alt sind". Das Durchschnittsalter der Hausärzte liege hier bei 57 Jahren. In den letzten fünf Jahren hätten bereits sieben Praxen ohne Nachfolge geschlossen. Dies stünde deutlich im Widerspruch zu den Zahlen des Ministeriums.
DAK-Bezirksgeschäftsführer Alexander Drechsel wies auf ein weiteres Problem hin: "Die jetzige Entwicklung konnte bereits vor 20 Jahren erkannt werden, ist aber nicht ernst genommen worden." So sei die jetzige Bedarfsplanung bereits im Jahr 1992 erarbeitet und "nur geringfügig weiterentwickelt worden", ergänzte Howe. Jetzt müsse gehandelt werden. Immer mehr ältere Menschen würden auch mehr Versorgungsbedarf in Anspruch nehmen.
Während Fischer darauf hinwies, auch an den Universitäten entsprechend mehr Lehrstühle für Allgemeinmediziner einzurichten, regte Howe an, "alle regionalen Akteure an einen Tisch zu holen". Wichtig sei, frühzeitig Konzepte zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung im Kreis Minden-Lübbecke sicherzustellen.
Quelle: MT-Online vom 08.11.2008