»Machen Sie Dampf bei der Bahn«

Veröffentlicht am 12.03.2009 in Presse

Vlotho (VZ). Der hohe Besuch aus Düsseldorf ist gestern Morgen pünktlich eingetroffen. Die Vlothoer haben ihn mit großem Bahnhof empfangen und damit eindrucksvoll ihrer Bitte an den Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags Nachruck verliehen: »Setzen Sie sich für einen barrierefreien Zugang zu den Zügen ein; machen Sie Dampf bei der Bahn.«

Viele Bürger und Ratsvertreter haben sich gestern vom Regen nicht abhalten lassen. Mit selbstgemalten Plakaten oder allein durch ihr Erscheinen demonstrierten sie für einen ebenerdigen Weg zum Bahnsteig. Mit Sprüchen wie »Hört unser Rufen - in Vlotho keine Stufen« und »Vlotho braucht die Bahn - fangt schnell mit dem Überweg an« unterstrichen sie ihre Forderung an die Bahn AG, endlich aktiv zu werden. Rollstuhlfahrer Günter Nennstiel brachte das Problem auf den Punkt. »Wie komme ich zum Bahnsteig, wie?«, fragte der Vlothoer auf seinem Plakat.

Der Petitionsausschuss sei gekommen, um sich die »Ist-Situation« anzusehen, sagte die Ausschussvorsitzende Inge Howe. Sie ist gleichzeitig SPD-Landtagsabgeordnete, wohnt in Minden und kennt die Nachbarstadt Vlotho. Pikantes Detail am Rande: Frau Howe war gestern wegen einer Verletzung selbst auf Gehhilfen angewiesen und konnte dadurch hautnah erfahren, was es heißt, mit Krücken zwei steile Treppen zum Bahnsteig überwinden zu müssen. »In der Tat ist die Situation hier äußerst schwierig«, sagte sie. Die Abkürzung über den Trampelpfad, den viele Fahrgäste als Zugang zum Bahnsteig nehmen, sei lebensgefährlich und darüber hinaus verboten. Eine kurzfristige und vor allem umfassende Lösung des Problems sieht die Vorsitzende des Petitionsausschusses allerdings nicht: »Aber mittelfristig muss es möglich werden, dass Menschen mit einem Handikap den Zug erreichen können.« Man werde im Anschluss an die Ortsbegehung im Vlothoer Rathaus diskutieren, wie und in welchem Zeitrahmen das möglich sei. Inge Howe: »Wir werden uns mit den Vertretern der Bahn wohl streiten müssen.« Das ändere jedoch nichts an dem Ziel, eine befriedigende Situation zu schaffen. Schließlich habe sich seit dem Besuch des Landtags-Ausschusses 2008 in Bad Oeynhausen auch etwas getan. Dort werde jetzt ein Aufzug gebaut. Das »Mittelfristig« wollte der Bürgermeister nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen. »Das haben wir hinter uns und lange genug herumgekaspert. Wir sind zwar bereit, noch etwas zuzuwarten, aber nicht bis irgendwann«, sagte Bernd Stute. Dass es in Vlotho nicht allein um eine behindertengerechte Bahnsteigzuwegung geht, machte der FDP-Fraktionsvorsitzende Ulrich Ammon deutlich. »Es geht hier ebenso um die ganz persönliche Sicherheit aller Fahrgäste. Zum Beispiel auch um die Sicherheit der Frauen, die abends um zehn den letzten Zug nehmen oder ankommen - auf einem Bahnhof mit Tunnel, wo nichtmal das Licht brennt!« Die mit einer mehrköpfigen Delegation vertretene Bahn AG ließ indes auch gestern keinen Zweifel daran, dass Verbesserungen in Vlotho nicht auf ihrer Agenda stehen. Dafür nannte sie gleich mehrere Gründe:
  • In Vlotho verkehren täglich 34 Züge mit etwa 400 Reisenden. Mobilitätsgerecht ausgebaut sein müsse ein Bahnhof aber erst ab 1000 Ein- und Ausstiegen.
  • Vlotho solle im Bundesverkehrsplan als Hauptstrecke weitergeführt und die Option auf den Ausbau der Strecke (Elektrifizierung) erhalten werden.
  • Die Anlegung eines einfachen Übergangs über das erste Gleis sei aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Der Komplett-Umbau zu einem barrierefreien Bahnhof aber würde mindestens 800 000 Euro kosten.
»Wir bauen überall im Land Bahnsteige zurück, und hier soll nun genau das Gegenteil gemacht werden. Das kann ernsthaft niemand erwarten«, sagte Ralf Keinert, bei der DB Netz AG für die Infrastruktur der Fahrwege zuständig. Dass eine Rollstuhlfahrerin aus Bad Pyrmont im vergangenen Sommer volle zwei Stunden auf dem Bahnsteig »eingesperrt« war, bezeichnete er als bedauerlich. Verantwortlich dafür sei jedoch die Eurobahn. Es sei nicht nachvollziehbar, dass deren Zugpersonal die Frau überhaupt in Vlotho habe aussteigen lassen. Am Ende des gestrigen Ortstermins standen ein Kompromiss mit der Bahn und die Zusage des Petitionsausschusses, Vlotho in Sachen Bahnhof weiter zu unterstützen. Die kleine Lösung Vertreter des Petitionsausschusses, der Bahn AG und der Stadt Vlotho haben im Anschluss an die Ortsbegehung im Rathaus getagt. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit ging es dabei hart zur Sache. Hinsichtlich der Vorstellungen Vlothos habe die Bahn keinerlei Entgegenkommen gezeigt, sagte Bürgermeister Bernd Stute. Mit Unterstützung des Petitionsausschusses habe man am Ende aber einen Kompromiss vereinbart. Danach soll bis zum Sommer dieses Jahres ein niveaugleicher Übergang geschaffen werden, der jedoch ausschließlich von Menschen mit einem körperlichen Handikap benutzt werden darf. Die Kosten trägt die Stadt Vlotho. Über die Ausgestaltung dieses Zugangs wurde gestern noch nichts bekannt. Darüber hinaus werden Stadt und Bahn über weitere Verbesserungen verhandeln. Der Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags wird als Vermittler die Verhandlungen moderieren. Sein Besuch habe sich bereits jetzt gelohnt, sagte der Bürgermeister: »Es wird sich was bewegen.« Kommentar: David gegen Goliath Den großen Durchbruch hat der Besuch aus Düsseldorf nicht gebracht. Aber das hat wohl niemand erwartet. Immerhin weiß man in der Landeshauptstadt jetzt, wie unhaltbar die Situation für viele Reisende am Bahnhof Vlotho ist und dass die mächtige Bahn ohne Druck aus der Politik daran nichts ändern wird. Die Chance, dass dieser Druck jetzt stärker wird, ist nach dem Besuch des Petitionsausschusses zweifellos gewachsen. Die strukturellen Probleme einmal beiseite gelassen, wissen wir seit gestern auch, dass der Bahn der Zustand ihrer Anlage in Vlotho peinlich ist. Oder wie erklärt es sich sonst, dass - o Wunder - plötzlich die Lampen brennen, das Geländer frisch gestrichen und aus dem Tunnel der Müll verschwunden ist? Wenn hoher Besuch kommt, wird das Stiefkind eben schnell ein wenig herausgeputzt. Erfreulicher als das kurzzeitige Make up rund um die Gleise ist die Teilnahme so vieler Bürger an dem Ortstermin. Mit ihrem Erscheinen haben sie deutlich gemacht, dass sie für die Untätigkeit der Bahn kein Verständnis haben. Nicht zuletzt haben sie der Stadt für ihr weiteres Vorgehen den Rücken gestärkt. Die kann's gebrauchen, denn der Kampf David gegen Goliath ist noch lange nicht nicht zu Ende. Angelika Krückemeier Quelle: WB vom 12.03.2009
 

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