Düsseldorf. Der Petitionsausschuss half nicht nur einer serbischen Mutter und ihren Kindern.Fast 5000 Petitionen gingen 2007 ein. "Fast alle sind berechtigt", so die Vorsitzende.
Auch Staatsdiener sind nicht unfehlbar, sondern manchmal ungerecht und treffen Fehlentscheidungen. Wenn Mitarbeiter nordrhein-westfälischer Behörden Beschlüsse gegen die Interessen einzelner Menschen vollziehen, bleibt den Betroffenen als letzte Hoffnung oft nur ein Hilferuf an den Landtag übrig.
Allein im vergangenen Jahr gingen 4835 Petitionen in Düsseldorf ein. "Fast alle Anliegen sind berechtigt", zieht Inge Howe (SPD), seit zweieinhalb Jahren Vorsitzende des Petitionsausschusses, Zwischenbilanz. "Die Querulantenquote liegt weit unter fünf Prozent."
Häufig gelingt den Ausschussmitgliedern eine Vermittlung zwischen Hilfesuchenden und Behörden vor Ort. "Die Erfolgsquote liegt zwischen 30 und 50 Prozent", sagt Sprecherin Sigrid Beer (Grüne).
Erst vergangene Woche hat sie noch einmal eine sechsköpfige Familie aus Serbien im Sauerland besucht. Die traf im vergangenen Frühjahr eine Entscheidung der örtlichen Ausländerbehörde besonders hart. Der Vater hatte die gesamte Familie misshandelt und drei seiner Kinder sexuell missbraucht. Kaum saß er im Gefängnis, schob der Hochsauerlandkreis die Mutter mit ihren fünf Kindern nach Serbien ab.
"Der Petitionsausschuss bemängelte, dass der Mutter und insbesondere den missbrauchten Kindern keine Gelegenheit zur Aufarbeitung der erlittenen psychischen und physischen Schäden gegeben worden war", heißt es im Bericht des Landtags. "Zumal eine notwendige Therapie für die Familie in Serbien nicht möglich ist." Die deutschsprachig aufgewachsenen Kinder konnten im Heimatland ihrer Eltern nicht Fuß fassen, ihre Mutter wurde dort von Angehörigen des inhaftierten Vaters drangsaliert.
Nach Intervention des Petitionsausschusses wurde die gepeinigte Familie zurück nach NRW geholt. Sigrid Beer begleitete sie auf dem Rückflug, hält seitdem den Kontakt aufrecht: "Alle Kinder gehen wieder zur Schule, die Familie hat dank der positiven Entwicklung wieder Zukunftshoffnung geschöpft."
Nicht immer begegnet den Mitgliedern des Petitionsausschuss solch schweres Leid. Manchmal sind die Fälle eher banal. So fuhr in Köln ein Autofahrer nachts mit seinem Pkw auf einer unbeleuchteten Straße in ein großes Schlagloch, das durch kein Warnschild gesichert war. Eine Beteiligung am Schaden (400 Euro) lehnte die Kölner Stadtverwaltung aber ab. Der Petitionsausschuss sieht jedoch eine Mitschuld und setzt sich nun für eine Erstattung von wenigstens 200 Euro ein.
Einer jungen Frau sicherte der Petitionsausschuss eine Ausbildung bei der Polizei. Weil sie im Fragebogen wahrheitsgetreu eine "leichte Hormonstörung" angegeben hatte, wurde sie zunächst abgelehnt. Für die Abgeordnete Inge Howe "eine absurde Begründung", da 40 Prozent aller Frauen unter Hormonschwankungen litten und bei Männern ohnehin niemand danach fragt. Nachdem der Landtag den Fall aufgegriffen hatte, stellte das Innenministerium die Frau doch als Beamtin auf Widerruf ein.
"Bei uns landen oft Fälle von verzweifelten Menschen", sagt Inge Howe. Kein Antrag bleibe ohne Resonanz. Wenn die Aktenlage zur Beurteilung nicht ausreiche, würden die "Petitenten" auch persönlich angehört. Als gelernte Krankenschwester, glaubt Inge Howe, bringe sie gute Voraussetzungen für den Petitionsausschuss-Vorsitz mit: "Beobachten und Zuhören ist wie in der Krankenpflege das A und O", sagt sie.
Sprecherin Sigrid Beer - "manchmal sorgen wir in Streitfällen auch nur dafür, dass wieder eine Gesprächsebene hergestellt wird" - ist sich sicher, dass an keiner anderen Stelle Politiker so realitätsnah mit den Sorgen der Menschen konfrontiert werden wie durch die Mitarbeit im Petitionsausschuss. Deshalb wird er auch "Seismograf für die Probleme der Menschen im Land" genannt.
Quelle: DerWesten.de