Die Islamkonferenz der Bundesregierung droht zu scheitern. Kritiker werfen dem neuen Innenminister, Hans-Peter Friedrich, vor, das Thema vor allem unter sicherheitspolitischen Motiven zu bearbeiten. Belastet war die Konferenz bereits im Vorfeld.
Muslime sollen nach Ansicht von Innenminister Hans-Peter Friedrich das eigene Umfeld auf eine mögliche Radikalisierung hin beobachten. Bei der Islamkonferenz am Dienstag in Berlin schlug der CSU-Politiker eine „Sicherheitspartnerschaft“ vor. „Lassen Sie uns gemeinsam tätig werden, um Radikalisierung und Extremismus vorzubeugen“, sagte er. Diese Initiative solle unabhängig von der Islamkonferenz sein.
Scharfe Kritik kam vom Zentralrat der Muslime. Sein Vorsitzender Aiman Mazyek sagte der dpa in Köln: „Die Islamkonferenz sollte nicht zur sicherheitspolitischen Konferenz werden.“ Mazyek sieht die Islamkonferenz vor dem Scheitern.
Die Konferenz wird seit Dienstagmorgen das erste Mal von Friedrich und somit von einem CSU-Politiker geleitet. Bereits zu seinem Amtsantritt hatte der neue Innenminister polarisiert. Er widersprach der Feststellung des Bundespräsidenten mit der Behauptung, der Islam gehöre nicht zu Deutschland.
Friedrich bekräftigte im ARD-Morgenmagazin am Dienstag: „Die Prägung des Landes, der Kultur aus vielen Jahrhunderten, der Wertmaßstäbe, ist christlich-abendländisch“, bemühte sich gleichzeitig aber auch um Schadensbegrenzung. „Selbstverständlich“ gehörten auch Muslime in Deutschland zur Gesellschaft.
Wowereit warnt vor „Hardlinern“
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Klaus Wowereit forderte Friedrich schon im Vorfeld auf, klar Stellung zu beziehen. Von Anfang an sei die „Geschäftsgrundlage“ der Islamkonferenz gewesen, „dass der Islam zu Deutschland gehört. Wolfgang Schäuble und Thomas de Maiziere waren hier unmissverständlich“, erinnert Wowereit. „Ob der neue Innenminister Friedrich dies im Vorfeld seiner ersten Islamkonferenz ähnlich sieht, bleibt indessen völlig unklar.“ „Hardliner“, warnte der stellvertretende SPD-Vorsitzende, dürfe es in der Islamkonferenz nicht geben – „auf keiner Seite des Tisches“.
Einen ernsthaften Austausch zwischen Bundesregierung und Muslimverbänden sehen inzwischen nur noch die wenigsten Beteiligten. Der Präsident der Islamischen Kulturzentren, Mustafa Imal, kritisierte im „Hamburger Abendblatt“, die Konferenz betreibe Symbolpolitik. Der Regierung sei es nicht gelungen, die Bundesländer einzubinden. „Wir glaubten, dass wir mit Themen wie Anerkennung als Religionsgemeinschaft, Religionsunterricht, Ausbildung der Imame, Toleranz gegenüber Islam und Muslime deutlich stärker vorankommen würden, als dies tatsächlich der Fall war“, sagte er.
Auch der Zentralrats-Vorsitzende Mazyek bezeichnete den Prozess als „ein Armutszeugnis: Wir treten seit Jahren auf der Stelle.“ Es würden Phantomdebatten geführt, die mit der Realität nichts zu tun hätten. Der Zentralrat war vor einem Jahr frustriert aus der Konferenz ausgestiegen. „Ich weiß nicht, wie die DIK weiterkommen will. Es ist keine Substanz da. Die gesellschaftlich relevanten Themen fehlen“, kritisierte Mazyek.
Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor schlug vor, die Konferenz „in dieser gegenwärtigen Form ad acta“ zu legen. In der „Frankfurter Rundschau“ schrieb sie, die Konferenz vertrete ein konservatives Islamverständnis und repräsentiere den Islam in Deutschland nicht.
Die 2006 von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gegründete Islamkonferenz soll die Integration der vier Millionen Muslime in Deutschland voranbringen. In dem Gremium beraten Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen mit Muslimverbänden und muslimischen Persönlichkeiten unter anderem über Religionsunterricht und die Ausbildung von Imamen
(mit dpa)