„Schwarz-Gelb entmündigt die Bürger“

Veröffentlicht am 21.02.2013 in Bundespolitik

Anstatt die bittere Spaltung unserer Gesellschaft ungeschminkt offen zu legen, hat Schwarz-Gelb im Armutsbericht unbequeme Wahrheiten gestrichen und umgeschrieben. „Sie verweigern sich einer offenen und ehrlichen Betrachtung der Wirklichkeit für Millionen Bürger in diesem Land!“, kritisierte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Donnerstag die Bundesregierung.

Selten zuvor habe es in der Nachkriegsdemokratie eine derart kritische öffentliche Berichterstattung und Kommentierung über einen Bericht einer Bundesregierung gegeben, wie es jetzt über den vierten Armuts – und Reichtumsbericht gab, so Gabriel am Donnerstag im Bundestag.

Es gehe nicht darum, dass CDU, CSU und FDP zum Bericht einen „gemeinsamen Standpunkt finden“, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem ersten Erscheinen des Berichts im November erklärt hatte, sondern es gehe um die Wirklichkeit in Deutschland, kritisierte der SPD-Vorsitzende.

„Eine Bundesregierung und eine parlamentarische Mehrheit im Deutschen Bundestag darf vieles tun aber sie darf die Bürgerinnen und Bürger des Landes nicht entmündigen“, weitete Gabriel seine Kritik aus. Denn die Wirklichkeit sehe für Millionen von Menschen anders aus. Sechs Millionen Menschen gehen für weniger als acht Euro in der Stunde arbeiten, 25 Prozent arbeiten in prekären Beschäftigungsverhältnissen, jeder zweite neu zu besetzende Arbeitspatz sei befristet, stellte Gabriel klar.

Unser Ziel: ein neues soziales Gleichgewicht

Es müssten vor allem zwei zentrale Fragen künftig geklärt werden. „Wir haben in Deutschland wieder eine neue soziale Frage: Wie verteilen wir die Lasten für das Gemeinwohl wieder fair und gerecht? Und wie kommen wir wieder zu einem neuen sozialen Gleichgewicht in Deutschland?“

Ein einheitlicher, gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro, ein anderer Umgang mit der Zeit – und Leiharbeit und eine größere Investition in Bildung seien dabei nur der Anfang, so Gabriel.

Zensiert, gestrichen, umgeschrieben

Bereits im November hatte die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, dass der Armuts- und Reichtumsbericht [PDF, 130 kb] von der Bundesregierung beschönigt wurde. Im ersten Entwurf hatten die Mitarbeiter von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) noch den Mut, die bittere Spaltung unserer Gesellschaft ungeschminkt offen zu legen. Doch dann wurde zensiert, gestrichen und umgeschrieben. Vor allem auf Intervention von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) wurden zahlreiche Änderungen vorgenommen. Der Parteichef des kleinen Koalitionspartners verlangte, ganze Passagen umzuschreiben.

Anders als in der Ursprungsfassung finden sich nun keine Hinweise auf die zunehmende soziale Spaltung in Deutschland. Fakten wie „Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt“ komplett gestrichen wurden.

Auch kritische Aussagen zur Lohnentwicklung wurden beschönigt. In der ersten Variante stand: „Während die Lohnentwicklung im oberen Bereich positiv steigend war, sind die unteren Löhne in den vergangenen zehn Jahren preisbereinigt gesunken. Die Einkommensspreizung hat zugenommen.“ Dies verletzte „das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung“ und könne „den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden“.

Nun heißt es, dass sinkende Reallöhne „Ausdruck struktureller Verbesserungen“ am Arbeitsmarkt seien. Denn zwischen 2007 und 2011 seien im unteren Lohnbereich viele neue Vollzeitjobs entstanden und hätten Erwerbslose so eine Arbeit bekommen. Weiter verschleiert die Bundesregierung, manchen Alleinstehenden mit Vollzeitjob reiche der Stundenlohn nicht für die Sicherung des Lebensunterhalts.

Laut „Süddeutsche Zeitung“ wurde in der ersten Fassung kritisch angemerkt: dies verschärfe die Armutsrisiken und schwäche den sozialen Zusammenhalt. Auch diese Feststellung wurde von Schwarz-Gelb gestrichen. Nun spricht man im Bericht nur noch, dass dies „kritisch zu sehen“ sei.

Schwarz-gelbe Schönfärberei

Dem „Streichkonzert“ zum Opfer gefallen sind weitere umbequeme Fakten. Ein Beispiel: „Allerdings arbeiteten im Jahr 2010 in Deutschland knapp über vier Millionen Menschen für einen Bruttostundenlohn von unter sieben Euro“, hieß es in der ersten Fassung. Dieser wie auch weitere Sätze wurden komplett gestrichen.

 

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